Nettetal-Breyell, 03.03.2008            

Peter Nisters
Gier 15
41334 Nettetal-Breyell
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Bezirksregierung Düsseldorf
Herrn Hauke von Seht
Dezernat 32
Postfach 300865
40408 Düsseldorf


51. Änderung des Regionalplans für den Regierungsbezirk Düsseldorf (GEP 99)

hier: Protest gegen den geplanten Kiesabbau zwischen Breyell und Kaldenkirchen

Sehr geehrter Herr von Seht,

zwischen Breyell und Kaldenkirchen soll auf der westlichen Seite der A 61 eine 102 Hektar große Fläche für künftige Abgrabungen gesichert werden. Zu diesem Vorhaben habe ich vor einigen Tagen einen Protestbrief verfasst, der in den angrenzenden Nachbarschaften, Bruderschaften, Vereinen, Schulpflegschaften und sonstigen Organisationen verteilt wurde. Mittlerweile haben über 5.000 direkt oder indirekt betroffene Personen diesen unterzeichnet oder sich alternativ in ausliegende Listen eingetragen. Diese Listen wurden von allen Parteien, vielen Einzelhandelsgeschäften, usw. entwickelt und den Bürgern mit den notwendigen Erklärungen zur Unterschrift vorgelegt.

Am 27. Februar fand in Nettetal-Breyell ein Informationsabend statt mit Vertretern des Landtages, des Regionalrates und unserer Stadtverwaltung. Hierbei wurde angemerkt, dass in der Politik massenhaft kopierte Schreiben gerne „an die Seite“ gelegt werden, da die Argumente ja gleich sind und die Unterzeichner sich keine eigenen Gedanken machten. Falls dies in Ihrer Behörde der Fall sein sollte – was ich keinesfalls unterstellen möchte -, protestiere ich sehr deutlich gegen ein solches Vorgehen. In der Kürze der Zeit, die wir Nettetaler Bürger für einen Protest zur Verfügung hatten, ist es lange nicht jedem Bürger möglich, eigene Stellungnahmen zu entwickeln und diese entsprechend zu formulieren.

Wie Ihnen aus diesen Briefen bekannt sein dürfte, geben wir folgendes zu bedenken:

- Einen der wichtigsten Schulwege unserer Stadt kann man aus Gründen der Sicherheit nicht mehr gefahrlos benutzen.
- Der Naturraum Schwalm-Nette wird erheblich gestört.
- Die auf der Roten Liste der bedrohten Tierarten stehenden Tiere Schleiereule und Steinkauz sowie der Kiebitz und die Feldlerche werden unsere Kinder nur noch aus Schulbüchern kennen.
- Ein in den 70er und 80er Jahren geplantes Gewerbegebiet wurde von Ihrer Behörde aus umweltpolitischen Gesichtspunkten stets abgelehnt.
- Im Flächennutzungsplan für Breyell wurden Gebiete zum Wohnen ausgewiesen. Wer soll denn hier noch bauen? Möchten Sie neben Kratern wohnen, täglich unzählige – meist (wie die Erfahrung zeigt) niederländische LKW verkraften und auf Ihrer Terrasse permanent Sand fegen?
- Dem Erholungsstandort Nettetal wird durch diese Maßnahme nachhaltig geschadet.
- Bestes Ackerland wird vernichtet.
- Die angrenzenden Wasserschutz- und Landschaftsschutzgebiete werden in Mitleidenschaft gezogen.
- Der Wasserspiegel wird sich vermutlich negativ verändern.
- Die Trinkwasserversorgung durch die Stadtwerke Nettetal ist in Gefahr.
- Das wirtschaftliche Interesse einiger (zudem anonym agierender) Personen oder Firmen ist nicht so hoch einzuschätzen wie das Wohl von über 40.000 Bürgern.


Diese Argumente kennen Sie mittlerweile zur Genüge. Sie kennen Sie aber, weil ca. 5.000 Bürger unterschrieben haben, die mit Ihren Planungen nicht einverstanden sind.


Es ergeben sich für mich noch Fragen, die unbeantwortet blieben:

- Was geschieht mit der Kraftstoffleitung, die durch das Gebiet führt?
- Was sagt die Bundesbahn zu Ihrem Vorhaben? Wie hoch ist der Abstand zu einer Bahn, auf der mehrmals täglich 5.000 t-Güterzüge fahren?
- Gehören dieser Bahn aus Uraltbeständen entlang der Trasse noch Grundstücksstreifen?
- Wie sind die einzuhaltenden Abstände zur Autobahn, zur Bundesstraße und zum Schulweg, zur Biogasanlage der Fa. Terporten und zur Produktion der Fa. Heinrich Klumpen Sicherheitsschuhe? Fa. Klumpen benutzt erschütterungsempfindliche Roboter zur Produktion.
- Werden neue Straßen gebaut zur Abfuhr?
- Tiere können nicht reden. Sind Ihnen diese nicht schützenswert?
- Wer hat einen Antrag auf Auskiesung gestellt? Der Datenschutz ist hierbei nicht in jedem Fall zwingend vorgegeben.
- Liegen bereits Vorverträge zwischen Abbaufirmen und Landbesitzern vor?
- Woher kennt man die Kiesmenge in diesem Gebiet? Sind Probebohrungen erfolgt?
- Ist irgendjemand in Ihrer Behörde oder im Regionalrat die Situation vor Ort bekannt? Hat hier eine Ortsbesichtigung stattgefunden oder hat man einfach die Landkarte genommen und ein Stück markiert, von dessen    Anwohnern man sich den geringsten Widerstand erhofft?
- Warum darf Holland die Auskiesungsregeln so gestalten, dass dies fast unmöglich wird? Ist das mit EU-Recht zu vereinbaren?
- Wie wird eine zukünftige Wasserversorgung garantiert?
- Eine Bedarfsanalyse einer Bereitstellung einer solchen Abbaufläche ist bisher nicht vorhanden. Wann folgt diese? Welchen Inhalt hat sie?

Fragen über Fragen. Ganz wichtig wäre für uns Bürger eine Auskunft, wer wann und warum dieses Stück Land ausgesucht hat. Wer hat ein Interesse?

Wenn man die Gesamtbereichstabelle zu diesen Bereichen vom 11.01.08 betrachtet, fällt auf, , dass Teile des Gebietes im Interessensbereich des WSG Kaldenkirchen liegen. Die gesamte Landschaft ist als wertvolle Kulturlandschaft gem. Erl.-Karte 2 des Regionalplans i. V. m. LEP zu sehen. Die Fläche liegt zudem im Einzugsbereich des Venloer Wasserwerkes.

Zum Schutz des Trinkwassers weise ich auf die „Richtlinie 2000/60/EG des europäischen Parlament und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik“ hin.

In der näheren Umgebung der geplanten Fläche sind Häuser, die dem Denkmalschutz unterliegen. Diese könnten durch Änderung der Fließrichtung des Grundwassers stark beeinträchtigt werden. Dasselbe trifft auf Streifenfundamente zu, die bekanntlich ab den 50er Jahren gebräuchlich waren.

Die Abgrabung soll in einem erdbebengefährdeten Gebiet stattfinden. Welche Konsequenzen erwarten uns bei einem auch nur leichten Erdbeben? Als Laie möchte ich hier nicht näher darauf eingehen – Sie werden mit einem Schreiben des Herrn Uwe Seewald aus Nettetal darüber näher informiert. Eine Bodenverflüssigung kann jedoch statt nach einem Erdbeben auch nach permanenter Belastung durch Verkehr auftreten. Ich denke, dies ist in Ihre Überlegungen noch nicht eingeflossen.

In den 60er Jahren wurde bereits festgestellt, dass im Autobahnbereich Treibsand

oder Schwemmsand vorhanden ist. Eine Errichtung eines Hauses in Breyell, Ritzbruch, konnte z.B. nur fortgesetzt werden, indem man 14 Betonpfeiler von jeweils über 10 m Länge gegossen hat. Eine Bebauung in der Nähe vor einigen Jahren konnte nur erfolgen, weil man dieses wusste und nicht tiefer baggerte. In den Bereichen Schmaxbruch, Schulstraße, Bieth und Gier sind Hausbesitzer ebenfalls auf Treibsand oder Schwemmsand gestoßen und konnten Keller nicht wie geplant bauen. Ich gehe nach Einsicht in die Landkarte davon aus, dass diese Sandvorkommen flächendeckend vorhanden, jedoch nicht genau zu analysieren sind. Hier steckt ein nicht abzuschätzendes Gefährdungspotenzial.

Es mag gut zu wissen sein oder sich nett anhören, dass Schäden durch die Kiesunternehmen reguliert werden. Übernimmt der Staat diese Schäden, wenn ein Unternehmen Insolvenz anmeldet?

Dies zur Zeit zu meinen Argumenten und offenen Fragen. Und am Ende:

Ist jemand von Ihnen bereit, meiner Tochter Rebecca und meinem Sohn Manuel später zu erklären, wie schön es hier einmal war?

Freundliche Grüße aus Nettetal-Breyell

Peter Nisters

Cc: die uns Bürger vertretenden MdB, MdL, Landrat, Kreistag, Stadtverwaltung, regionale und überregionale Presse