Im Angesicht des wilden Baggers
25.10.2007, MICHAEL VON LEHMDEN
KIESABBAU.
Mitglieder des Regionalrats und Politiker aus Moers und Neukirchen kamen zur Initiative
"Mein Kapellen"
MOERS/NEUKIRCHEN-VLUYN.
Es könnte eine ganz normale Kaffeetafel sein, die da in dem gemütlichen Wohnzimmer zusammen gekommen ist. Doch an der Wand hängen keine Drucke und Bilder, sondern Pläne und Fotos. Und ein kurzer Blick nach draußen zeigt auch, dass man hier nicht zum Spaß zusammengekommen ist.
Das Wohnhaus von Familie Stog befindet sich nämlich in Kapellen und dort liegt es in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem Kiesabgrabungsgebiet. Man kann einen Bagger sehen, der draußen wild auf den Flächen herumkurvt, man bekommt einen unmittelbaren Eindruck davon, wie es ist, wenn gleich nebenan Kies aus der Erde geholt wird.
Die Kiesindustrie möchte ihre Abgrabungsgebiete in Kapellen gerne erweitern, Menschen, die hier wohnen, haben etwas dagegen. Nun ist es aber nicht so, dass ein kleiner Muckser einer Bürgerinitiative ausreicht, um die Herren der Bagger zum Stillhalten zu bewegen.
Es gibt viele Fragen und kaum Antworten
Ganz im Gegenteil. Die Kiesindustrie möchte gerne ganz viel haben, sie hätte gerne eine Planungssicherheit, die ihr erlaubt, über das nächste halbe Jahrhundert weiterzumachen.
Und das wissen alle Gäste. Es sind Mitglieder des Regionalrats, es sind Kommunalpolitiker aus Moers und Neukirchen-Vluyn, die die Initiative "Mein Kapellen" eingeladen hat. Sie sollen sich vor Ort ein Bild davon machen, wie die Kiesindustrie schon jetzt in Kapellen agiert und welche Pläne sie in Zukunft hat.
Es ist schließlich der Regionalrat, der für die regionale Gebietsplanung verantwortlich ist. Alles muss am Ende juristisch unanfechtbar sein. Denn im Nachbarkreis Kleve schwingt die Kiesindustrie schon die Gesetzbücher und hat ihre Ansprüche durchgesetzt. Daran zeigt sich auch, dass es gar nicht so einfach ist, eine Lösung zu finden, die allen Teilnehmern gerecht wird.
"Es gibt keine gute Lösung, nur eine zweitbeste Lösung", sagt dann auch die Vorsitzende des Regionalrats Gunhild Sartingen. Dennoch sieht sie keinen Grund, dass die Menschen in den betroffenen Gebieten ihre Forderungen zurückstellen und aufgeben sollten. Es werden weitere Anhörungen und Stellungnahmen der Kommunen erwartet. Wenn die Städte Moers und Neukirchen-Vluyn sich gegen einen weiteren Kies-Abbau votieren würden, dann sei das zwar keine Garantie, dass anschließen nicht mehr gebaggert würde, aber es sei mehr als nur ein Zeichen.
Viele Fragen mussten gestern aber offen bleiben. Warum graben am Niederrhein die Niederländer - anstatt in ihrem Heimatland? Was können die Europapolitiker, was die Landespolitiker tun, um den Betroffenen zu helfen? Es dürfte nicht das letzte Mal gewesen sein, dass man sich getroffen hat und garantiert nicht nur zum Kaffeetrinken.
ÜBERALL WIDERSTAND
Die Initiative hat über 700 Unterschriften gegen die Pläne gesammelt. Auch die Fraktionen im Moerser Rat sind gegen die Pläne in Kapellen. In Neukirchen-Vluyn geht es um rund 150 Hektar. Auch hier formiert sich Widerstand gegen die Pläne. Eine Forderung von vielen Gegnern: Die Landesregierung soll Zeitdauer für die Abgrabungrechte der Kiesindustrie begrenzen.