Wirtschaft und Natur
Beim Kies knirscht es zwischen Wesel und dem Kreis
09.12.2013 | 19:02 Uhr
Beim Kies knirscht es zwischen Wesel und dem Kreis
Ein Schweizer Käse, sagen die einen, renaturierte Landschaft mit Freizeitmöglichkeiten, sagen die anderen: Die Auskiesungen wie hier in Bislich bleiben umstritten.Foto: Hans Blossey

Wesel. Der Kreis Wesel ist durch die Auskiesungen gebeutelt. Jetzt sind mal andere dran, lautet die Position von Politik und Verwaltung zum Landesentwicklungsplan, der die Zukunft unter anderem dieses Bereiches regeln soll. Die betroffenen Unternehmen in Wesel und die Stadt legen ihr Veto ein.

Beate Böckels hatte keine Chance. Als Bürgerin trat sie während der jüngsten Sitzung des Kreisausschusses auf, fragte nach der Zukunft der Kies- und der Bauindustrie. Der Landrat als Leiter der Runde war sichtlich nicht begeistert: Beate Böckels ist Mitarbeiterin der auskiesenden Holemans-Gruppe und sie hatte anderes vor als der Kreisverwaltung eine Sachfrage zu stellen. Er verwies auf ein anstehendes Gespräch in der Sache und ging rasch zur weiteren Tagesordnung über. Das erwähnte Gespräch findet heute statt. Dabei scheinen die Positionen der hiesigen Kiesunternehmen und der Stadt Wesel auf der einen sowie einer breiten Front auf Kreisebene unversöhnlich.

Hintergrund ist der Entwurf des neuen Landesentwicklungsplanes (LEP), zu dem der Kreis Wesel sein Votum abgeben muss. Das tut er, was die Abgrabungen anbelangt, in recht rigider, den Entwurf verschärfender Form. Man ziele auf das Aus der hiesigen Kiesindustrie, befand Beate Böckels. Zu starr, zu schematisch sei das, was der Kreis wolle, kritisiert die Stadt Wesel und sieht Arbeitsplätze in Gefahr.

Der LEP als Basis weiterer detaillierter Planungen will die Entwicklung des freien Raumes sichern und dem Umweltschutz Vorrang einräumen. Zwar soll die Versorgung der Wirtschaft wie der Bevölkerung mit mineralischen Rohstoffen für mindestens 20 Jahre gesichert sein, diese Vorkommen sollen jedoch langfristig gestreckt und sparsam genutzt werden.
Über Durchschnitt belastet

„Welche Möglichkeiten bestehen, einer Abgrabungstätigkeit gegenzusteuern, die den Kreis Wesel in seiner nachhaltigen Entwicklung gefährdet?“ hat ein vom Kreistag eingerichteter Arbeitskreis gefragt. Der LEP-Entwurf, so ein Resultat, lasse ein Programm zur Bedeutung von Natur und Landschaft und der schonenden Nutzung der Naturgüter für NRW vermissen. Weil der Kreis Wesel durch den Kies- und Sandabbau erheblich und überdurchschnittlich belastet worden sei, müssten nun im Rahmen einer gerechten Lastenverteilung und Kontingentierung auch andere Regionen wie etwa das Münsterland dran sein. Über eine Rohstoff-Abgabe der Unternehmen (Kies-Euro) solle der Verbrauch von Boden und Flächen reduziert werden. Zugleich sollten natürliche Rohstoffe verstärkt durch Recycling ersetzt werden.

Für die Forderung, andere Regionen heranzuziehen, haben die hiesigen Auskieser wie auch die Stadt Wesel Verständnis. Man dürfe aber nicht „das Kind mit dem Bade ausschütten“ und in eine Schwarz-Weiß-Schematik verfallen, sagt Wesels Bürgermeisterin Ulrike Westkamp. „Mir missfällt der Blick auf die Verhinderungstaktik beim Kreis.“ Der lasse die hiesigen positiven Beispiele einer Nachfolgenutzung außer Acht - Renaturierungen, die den Status Quo verbesserten und Konzepte naturnaher Erholung. Statt „prozentualer Verteilungen“ wünscht sie sich eine„qualitative Weiterentwicklung“. Sie hat einen Brief an Landrat Dr. Ansgar Müller geschrieben, um „eine Modifikation Ihrer Stellungnahme zu überdenken“.
Flexibilität statt Tabus

Sinnvoll sei die Kopplung von Wasserbau-Projekten und Rohstoffgewinnung, wie derzeit etwa bei der Lippeverlegung oder in Zukunft in Vahnum, sagt Jörg Hüting von der Weseler Auskiesungsfirma Hülskens und fordert „mehr Flexibilität und weniger Tabus“. Man könne „uns mit ins Boot holen, gemeinsam gestalten.“ Beim heutigen Gespräch mit dem Kreis, zu dem auch Politiker eingeladen sind, soll versucht werden, diese Tür zu öffnen. Sie hoffe, die Gesprächspartner zu sensibilisieren, sagt Beate Böckels vorsichtig.

Joachim Freund

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